Deutsch-Italienische Vereinigung e.V., Frankfurt a. M.

Associazione Italo-Tedesca, Francoforte s. M.

1966 - 1996

 

Dreißig Jahre sind eine lange Zeit

 

Zwischen Frankfurt und Italien besteht seit jeher eine besondere Liaison. Nicht nur auf wirtschaftlicher, sondern auch auf kultureller Ebene. Illustre Familien wie die Brentanos oder die Bolongaros fanden in der Vergangenheit den Weg an den Main. Umgekehrt brach Johann Caspar Goethe am 30. Dezember 1739 nach Italien auf und beendete die Reise nach fast achtmonatiger Dauer am 20. August 1740 in Genua. Er nannte seine später in Frankfurt in italienischer Sprache zu Papier gebrachte Beschreibung "Viaggio per l'Italia"; 1986 gab die Deutsch-Italienische Vereinigung e.V. die übersetzte und kommentierte, vollständige Ausgabe heraus. Auch seinen Sohn Johann Wolfgang führte die Sehnsucht nach der Antike in das Land südlich der Alpen; er widmete ihm seine Italienische Reise". Ein anderer Frankfurter, der Kaufmann Heinrich Mylius, zog im 18. Jahrhundert nach Mailand, um dort Handel zu treiben. Seine Sommerresidenz am Comer See, die heutige deutsch-italienische Begegnungsstätte "Villa Vigoni", machte er zu einem Treffpunkt von Künstlern, Literaten und Wissenschaftlern.

"Un luogo d'incontro", ein Ort des kulturellen Austauschs zwischen Deutschland und Italien, sollte auch die 1966 aus privater Initiative hervorgegangene Deutsch-Italienische Vereinigung e.V. werden. Mit einem Grundkapital von 5.000 DM nahmen die Aktivitäten der neuen Institution ihren Anfang. Schmunzelnd erinnert sich Salvatore A. Sanna daran, wie er damals zur Finanzierung seinen Wagen, einen Ford, verkauft habe und diese Transaktion von Freunden ironisch als "Ford Foundation" bezeichnet worden sei. Der in Oristano geborene Sarde kam 1958 mit einem einjährigen Stipendium der sardischen Regierung nach Deutschland, im darauffolgenden Jahr wurde er Austauschassistent für Italienisch am Lessing-Gymnasium und an der Musterschule in Frankfurt. Seit 1962 ist er Dozent für italienische Sprache und Literatur an der Johann Wolfgang Goethe-Universität. Die Idee zur Gründung der Deutsch-Italienischen Vereinigung e.V. sei aus dem Wunsch heraus entstanden, einen Beitrag zum kulturellen Leben Frankfurts zu leisten und, wie es in der Satzung heißt, "die kulturellen, wissenschaftlichen und menschlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Italien zu fördern und zu vertiefen." Auch Trude Müller, eine bei Wien geborene Österreicherin, die es nach Frankfurt verschlagen hatte, steuerte als Mitbegründerin einen Teil des erforderlichen Basiskapitals bei. Dies war für Müller - Sanna der Beginn eines 30 Jahre langen ehrenamtlichen Engagements.

Ausgehend von der Bedeutung, die die Sprache für das Verständnis der Völker untereinander hat, begann die Vereinigung ihre Aktivitäten im Oktober 1966 mit der Einrichtung verschiedener italienischer Sprachkurse.

"Geschenke helfen Florenz" lautete die Überschrift des Artikels, den die Frankfurter Neue Presse im Dezember desselben Jahres über die erste Ausstellung der Vereinigung schrieb. Einen "südlichen Weihnachtsmarkt" nannte die FAZ das reichhaltige Angebot an Kunsthandwerk aus Sardinien, dessen Verkaufserlös für die Betroffenen der Überschwemmungskatastrophe in Florenz bestimmt war. Hanna Bekker vom Rath hielt die Einführung zu der im Juni 1967 eröffneten Kunstausstellung mit Werken von Heinrich Steiner und Veronika van Eyck. Ein Liederabend mit Werken von Alfredo Casella, Mario Castelnuovo Tedesco und Ottorino Respighi war im selben Jahr Auftakt der Konzertveranstaltungen.

Sitz der Einrichtung ist ein stilvolles Haus im Westend. Zunächst war die Vereinigung dort Untermieterin eines ungarischen Grafen, der das Haus Arndtstr. 12 mit Ausnahme des Dachgeschosses für sein Handelskontor gemietet hatte. Als der Graf in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, schien der Vereinigung der sichere Boden einer dauerhaften Bleibe zu entgleiten: so mußte man im Jahre 1970 für einige Monate die Arndtstraße verlassen. Doch die damalige Hausbesitzerin Elisabeth Kurtz von Strupow, eine gebürtige Russin und Liebhaberin italienischer Kultur, schloß mit der ihr nahestehenden Institution im Februar 1971 einen neuen Mietvertrag für alle freien Räume ab. 1972 wurde der Deutsch-Italienischen Vereinigung das Haus zum Kauf angeboten. Unter dem Vorsitz von Dr. Heinrich Troeger, seinerzeit Vizepräsident der Deutschen Bundesbank i.R., gelang es dem zu diesem Zweck gegründeten Komitee "Domus nostra" im Rahmen einer Spendenaktion das notwendige Grundkapital aufzubringen. Die Bethmann Bank ermöglichte die Finanzierung der Restsumme durch einen Kredit, so daß das Haus 1974 erworben werden konnte.

 

Lesungen, Konzerte, Vorträge und Ausstellungen italienischer und deutscher Künstler gehören seit ihrer Gründung zum festen Programm der Deutsch-Italienischen Vereinigung e.V. Jeweils im Winter- und Sommersemester finden die Sprachkurse für Anfänger und Fortgeschrittene statt; der Unterricht wird von qualifizierten italienischen Lehrern gehalten. Seit über zwanzig Jahren bietet die Vereinigung regelmäßig Studienreisen nach Italien an. Erstes Ziel war 1975 Florenz. Ab 1984 übernahm Dr. Barbara Bott die kunsthistorische Führung der jährlichen Studienreisen. Sie führte u.a. 1984 "Auf den Spuren der normannischen und staufischen Kultur, durch Sizilien, 1986 nach Kampanien, 1988 nach Umbrien "In das grüne Herz Italiens oder 1991 nach Kalabrien. "La cultura nuragica" stand 1996 im Mittelpunkt der Studienreise nach Sardinien.

Die Vorträge umfassen die Bereiche Literatur, Musik, Kunstgeschichte, Geschichte, Pädagogik, Rechtswissenschaft und Politik. Einige Beispiele seien an dieser Stelle genannt: Prof. Dr. Erik Jayme informierte 1971 über "Auswirkungen des neuen italienischen Scheidungsrechts auf den deutsch-italienischen Rechtsverkehr", Prof. Dr. Michael Grant berichtete 1979 über ""Pompeji - Herculaneum", Untergang und Auferstehung der Städte am Vesuv", Prof. Dr. Michael Stolleis sprach 1981 über Machiavelli in Deutschland" und Prof. Dr. Christa Lichtenstern hielt 1990 einen Vortrag zum Thema Michelangelo in der Skulptur des 20. Jahrhunderts". Weitere Themen waren u.a.: "Etruskische Funde in griechischen Heiligtümern, (Dr. Friedrich Wilhelm von Hase, 1992), "Der Golf von Neapel in der römischen Literatur, (Prof. Dr. Christoff Neumeister, 1993), "Friedrich II. von Hohenstaufen - ein Herrscher zwischen Mittelalter und Moderne?" (Prof. Dr. Gerhard Dilcher, 1994).

Auch Lesungen italienischer Autoren zählen zu den Veranstaltungen. Der erste Schriftsteller, der von der Deutsch-Italienischen Vereinigung e.V. nach Frankfurt eingeladen wurde, war im Jahre 1969 Giorgio Bassani. Später fanden - neben vielen anderen - "incontri" mit Leonardo Sciascia, Piero Chiara, Gesualdo Bufalino und Vincenzo Consolo statt. Der Lesung von Sciascia und Bufalino ging ein wissenschaftliches Kolloquium mit beiden Autoren in der Werner Reimers Stiftung in Bad Homburg voraus. Luciano De Crescenzo las 1979 in der Arndtstraße, im November 1984 war Dacia Maraini zu Gast. 1994 wurde in den Räumen der Vereinigung der 1952 geborene Andrea De Carlo interviewt: erfolgreicher Autor von Romanen wie "Tecniche di seduzione" oder "Treno di panna". Viele dieser Gespräche sind in der Zeitschrift "Italienisch" nachzulesen.

 

Seit 18 Jahren erscheint in Zusammenarbeit mit dem Fachverband Italienisch in Wissenschaft und Unterricht zweimal jährlich im Mai und im November die Zeitschrift "Italienisch". Die Redaktion befindet sich in der Arndtstr. 12. Neben Beiträgen zu Literatur, Linguistik und Landeskunde enthält "Italienisch" Texte zur Praxis des Italienischunterrichts, Buchbesprechungen sowie Informationen über italienische Themen an den Hochschulen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. Die Deutsch-Italienische Vereinigung e.V. gibt außerdem weitere wissenschaftliche Publikationen heraus. Erschienen sind bereits u.a.: "L'Italia e la poesia tedesca. Aufsätze und Reden 1904-1944" von Rudolf Borchardt und "Erinnerungen an Italien in Briefen an die künftige Geliebte" von Karl August von Hase.

Die bedeutendste Leistung auf diesem Gebiet ist ohne Zweifel die eingangs erwähnte deutsche Ausgabe des "Viaggio per l'Italia" von Johann Caspar Goethe. Salvatore A. Sanna war schon während seines Studiums der Germanistik auf die von Arturo Farinelli 1932 herausgegebene italienische Fassung des Reiseberichts aufmerksam geworden. Sie erschien erstmals im faschistischen Italien anläßlich des 100. Todestages von Johann Wolfgang Goethe. Die deutschen Germanisten schenkten dem Werk zu jener Zeit keine größere Beachtung, erst nach dem Krieg lagen Auszüge in deutscher Übersetzung vor. So kam Sanna auf die Idee, den gesamten Text auf deutsch herauszugeben. Als italienischer Staatsbürger erhielt er 1986 ohne Verzögerung die Einreiseerlaubnis in die DDR, um eine Kopie der handschriftlichen Aufzeichnungen Johann Caspar Goethes bei den Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten für klassische deutsche Literatur in Weimar" entgegenzunehmen. Dem damaligen Präsidenten der Goethe-Gesellschaft, Prof. Dr. Karl Heinz Hahn, gebührt die größte Anerkennung für seine spontane Bereitschaft, die Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Dank der finanziellen Unterstützung der Stadt Frankfurt konnte das Vorhaben schließlich verwirklicht werden. Das Buch, übersetzt und kommentiert von Albert Meier, kam 1986 anläßlich des 20jährigen Bestehens der Deutsch-Italienischen Vereinigung e.V. als Sonderausgabe heraus. Elmar Hillebrand schuf dafür fünfzehn Zeichnungen mit italienischen Motiven. Die bei dtv erschienene, inzwischen vergriffene Taschenbuchausgabe erreichte die 3. Auflage.

 

Eine Zäsur im "Leben" der Vereinigung stellte das Jahr 1992 dar. Um der kulturellen Einrichtung auch künftig ein solides Fundament zu sichern, wurde die "Frankfurter Stiftung für deutsch-italienische Studien" ins Leben gerufen, der die Vereinigung das Haus Arndtstraße 12 übertrug. Zweck der Stiftung ist "die Förderung des Völkerverständigungsgedankens durch Pflege der wissenschaftlichen, kulturellen und menschlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Italien". Sie verwirklicht dies durch Förderung von Forschungsvorhaben und wissenschaftlichen Veröffentlichungen, wie z.B. der in Verbindung mit der Zeitschrift "Italienisch" herausgegebenen Schriftenreihe "Themen der Italianistik". 1993 erschien "Konstruktive Provinz. Italienische Literatur zwischen Regionalismus und europäischer Orientierung" und 1995 der Band "Letteratura de-centrata", der einen Einblick in Texte italienischer Autoren gibt, die in Deutschland leben und schreiben. So unterschiedlich ihre Werke in Sprache, Stil und Inhalt auch sind - die Autoren, die mit Originaltexten und kommentierenden Beiträgen vorgestellt werden, setzen sich alle mit der Problematik des Lebens in der Fremde auseinander. Dieser Anthologie waren zwei Tagungen vorausgegangen. Die erste, die den Titel ~Letteratura de-centrata -Italiener schreiben in der Fremde" trug, fand 1991 im Literaturhaus Frankfurt statt, die zweite 1993 unter dem Thema Italienische Autorinnen und Autoren in der Bundesrepublik Deutschland" in der Villa Vigoni am Comer See.

Zu einem Forum italienischer Künstler des 20. Jahrhunderts in Deutschland hat sich die der Vereinigung angeschlossene Frankfurter Westend Galerie entwickelt. Mit großem Kunstverstand, Einfühlungsvermögen und Enthusiasmus setzte sich Trude Müller dafür ein, die Ausstellungsräume zu einem Ort des Kunstdialogs zu machen. Während ihres zehnjährigen Aufenthalts in New York hatte sie Gelegenheit, die dortige Kunstszene kennenzulernen. Sie war u.a. mit Ellsworth Kelly, Jack Angermann, Jackson Pollock und Andy Warhol befreundet. Als sie 1960 nach Deutschland zurückkehrte, ließ sie sich in Frankfurt am Main nieder. Ihre in Amerika gewonnenen Erfahrungen kamen nach der Gründung der Vereinigung der Galerietätigkeit zugute. Sie machte es sich zur Aufgabe, die italienische Kunst der Moderne im Raum Frankfurt zu fördern.

Bedeutende italienische Künstler des 20. Jahrhunderts wie Morandi, Melotti, Reggiani, Magnelli stellten in der Frankfurter Westend Galerie erstmals in Frankfurt, einige sogar erstmals in der Bundesrepublik Deutschland aus. Lucio Fontana war 1970 eine Einzelausstellung gewidmet, über die Eduard Beaucamp im Feuilleton der FAZ ausführlich berichtete.

Stilleben und Landschaften sind die Themen von Giorgio Morandis Arbeiten. Die erste Einzelausstellung mit Radierungen des Italieners aus Bologna fand im Oktober 1973 statt, im September 1978 folgte die zweite mit Olbildern, Zeichnungen und Radierungen. Unter der Federführung von Trude Müller gelang es der Galerie, eine Schenkung der Schwestern Morandis an das Städel zu vermitteln: Sechs Radierungen des 1964 verstorbenen Künstlers wechselten aus Italien an den Main.

Dorazio, Accardi, Turcato, Perilli, Sanfilippo und Consagra zählen zu der 1946 entstandenen Gruppe "Forma 1", die sich gegen jede Form der figurativen Kunst wandte. Im Dezember 1987 fand auf Anregung der Frankfurter Westend Galerie auf der Darmstädter Mathildenhöhe eine Ausstellung unter dem Titel "Forma 1" statt, zu der ein umfassender Katalog erschien. Auf große Resonanz stieß auch die zur gleichen Zeit veranstaltete Ausstellung der Gruppe in der Galerie.

Zentrales Thema von Piero Dorazios Malerei ist die Auseinandersetzung mit Raum, Rhythmus und Licht. Seit Mitte der sechziger Jahre dominieren leuchtende Farben in seinen Arbeiten. Die Frankfurter Westend Galerie stellte das Werk des Künstlers bisher in sieben Einzelausstellungen vor.

Carla Accardi, die sich mit dem Dekorativen in der Malerei auseinandersetzt, hatte mit ihren Ölbildern und Gouachen 1985 und 1992 eine Einzelausstellung in der Arndtstraße. Achille Perilli befaßt sich mit geometrischen Formen im Raum. Insgesamt viermal stellte die Frankfurter Westend Galerie seine Werke aus. Giulio Turcato war im März 1969 und im Mai 1978 mit Einzelausstellungen zu Gast. Prof. Dr. Werner Haftmann, damals Direktor der Nationalgalerie in Berlin, hielt 1969 die Eröffnungsrede. Dem 1986 verstorbenen Antonio Sanfilippo widmete die Galerie im selben Jahr eine Ausstellung.

Im Oktober 1972 und im November 1976 wurden Plastiken des Bildhauers Arnaldo Pomodoro gezeigt. Die polierten Oberflächen seiner Würfel, Kugeln, Scheiben und Säulen erweisen sich beim näheren Hinsehen als verletzte Körper, die den Blick in ein fast organisches Innere preisgeben. Die fragil anmutenden Skulpturen des Bildhauers Fausto Melotti waren 1980 und 1985 in der Galerie zu sehen. Die Bemühungen des Künstlers, der Stadt Frankfurt eine fünf Meter hohe Skulptur zu schenken, scheiterten. Melottis Wunsch blieb jedoch nicht unerfüllt: Durch die Vermittlung eines Mitglieds der Vereinigung erwarb ein führendes Frankfurter Unternehmen eine große Metallskulptur: das "Planetario", das nun vor dem Eingang des Hauptgebäudes steht.

Werke von Giuseppe Santomaso waren dreimal (September 1975, Februar 1981, September 1986) in Einzelausstellungen in der Frankfurter Westend Galerie zu sehen. Die enge Beziehung des Malers zu seiner Heimatstadt Venedig läßt sich in seinen Bildern, die in Assoziationen architektonische Bauelemente widerspiegeln, deutlich erkennen.

"Kopflandschaften" hat Enrico Della Torre eines seiner Ölbilder betitelt, die als phantasievolle, surreale Metaphern von natürlichen und psychologischen Prozessen beschrieben werden können. Viermal (Februar 1973, Mai 1979, Juni 1984 und Juni 1991) stellte Della Torre in der Arndtstraße aus.

Die Frankfurter Westend Galerie versteht sich jedoch nicht nur als Forum für Vertreter der klassischen Moderne, sondern bietet auch jungen Künstlern die Möglichkeit, sich mit ihren Werken einem kunstinteressierten Publikum vorzustellen. Der 1946 geborene und in Mailand lebende Maler Enzo Esposito, der seine bemalten Leinwände mit Gegenständen aus Holz oder Eisen "belebt", gehört zu ihnen, ebenso wie Paolo lacchetti, Tommaso Cascella, Arthur Kostner und Graziano Marini.

Doch die Galerieräume in der Arndtstraße öffnen sich nicht nur Italienern; auch deutschen Künstlern mit einer Verbindung zu Italien sind viele Ausstellungen gewidmet: z.B. "Deutsche Künstler in Florenz während des Krieges", September 1974, und "Italienbilder", Dezember 1983. Exil in Italien - dies ist ein bisher wenig beachtetes Kapitel der Zeitgeschichte unseres Jahrhunderts. Maler wie Heinrich Steiner, Eduard Bargheer, Werner Gilles oder Max Peiffer Watenphul waren im nationalsozialistischen Deutschland keine Verfolgten, litten aber unter Diffamierungen. Ihr freier Umgang mit Farbe und die Reduzierung der Form auf das Wesentliche stießen in ihrer Heimat auf heftige Kritik, und einige, unter ihnen Bargheer, wurden mit Ausstellungsverboten belegt. Heinz Battkes Arbeiten galten als "entartet". Um dem in Deutschland herrschenden Druck zu entkommen, gingen die Künstler nach Italien. Obwohl dort der Faschismus seit 1922 an der Macht war, bot ihnen das Land noch einen gewissen Spielraum. Der breiteren italienischen Öffentlichkeit blieben sie weitgehend unbekannt, wie Klaus Voigt in seinem Buch "Zuflucht auf Widerruf - Exil in Italien 1933-1945" beschreibt. Mit ihren Ausstellungen leistete die Frankfurter Westend Galerie einen Beitrag, um diese Künstler in Frankfurt einem größeren Publikum vorzustellen. Aber nicht nur hier: In Zusammenarbeit mit dem Freien Deutschen Hochstift, Frankfurt, dem Goethe Institut in Rom und der Villa Massimo organisierte die Galerie im Oktober 1975 im Goethe-Museum Rom eine Ausstellung mit dem Titel "Neomanierismo". Die Einführung hielt Gustav René Hocke. Im Jahr darauf folgte eine Max Peiffer Watenphul-Gedenkausstellung. Neben weiteren gemeinsamen Veranstaltungen fand im Goethe-Museum Rom im März 1979 eine Elmar Hillebrand- und im April 1980 eine Rudolf Riester-Ausstellung statt.

Die Sehnsucht nach Italien besteht nach wie vor: zu den jungen deutschen Künstlern, die auch heute Anregung und Inspiration in der südlichen Landschaft suchen, zählen u.a. Joachim Czichon, Jörg Eberhard, Edith Oellers, Deva Wolfram. Ihre Arbeiten waren in der Frankfurter Westend Galerie zu sehen.

Aus Anlaß der 1200-Jahrfeier der Stadt Frankfurt organisierten die Deutsch-Italienische Vereinigung e.V. und die Frankfurter Westend Galerie 1994 die Ausstellung Italienische Kunst der Moderne in Frankfurter Privatbesitz" und gaben unter demselben Titel einen Trude Müller gewidmeten Katalog heraus, der einen Überblick über Wirkungsgrad und Aktivitäten der Galerie als Kunstforum der Deutsch-Italienischen Vereinigung e.V. gibt.

Katja Möhrle